"Raummusik und so"
2. Konzert der Reihe "Sprachmusik und Musiksprache: 
Neue Musik Kölner Komponisten" des Instituts für Phonetik 
in Zusammenarbeit mit Kunstschalter e.V.
Dienstag, 31. Oktober 2000
Einlaß 19 Uhr, Beginn 19:30 Uhr
Kunstwerk, Deutz-Mülheimer-Str. 127
Eintritt frei. 

Info | Programm | Koch | Muenz | Tung | Wagner | Erbe | Stoffel | Heike | Skusa

Marcus Erbe 
1975 in Peiskretscham geboren. Beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit sämtlichen Erscheinungsformen elektronisch erzeugter Musik. Seit 1996 Studium der Fächer Musikwissenschaft, Germanistik und Pädagogik an der Universität zu Köln. 1997 bis 1999 Mitarbeit beim Westdeutschen Rundfunk in der Redaktion Neue Musik. Seit 1999 Vorstandsmitglied des Vereins Signale aus Köln - Verein zur Förderung der Musik der Zeit. Betreut derzeit das Klangstudio des Musikwissenschaftlichen Instituts der Universität zu Köln.
Unter dem Projektnamen Yamaon produziert Marcus Erbe elektronische Popmusik (CD: Yamaon Musique d’Ameublement, ECR-Records BN553). Darüber hinaus komponiert er elektroakustische Raummusik.

[...] auch heute noch
In einem Sendemanuskript des Westdeutschen Rundfunks anläßlich des hundertsten Geburtstags Herbert Eimerts stolperte ich über folgende Sätze:

Kuboyama, übrigens kein ‚kleiner Fischermann‘, wie es in der Andersschen Dichtung heißt, sondern ein hochgebildeter Funkoffizier, ging an der radioaktiven Vergiftung zu-grunde. Die von Günther Anders angeblich ins Deutsche übertragene, in Wirklichkeit von Anders selbst entworfene Grabinschrift, bildet die Grundlage der Komposition Eimerts, die ganz aus dem Sprachspektrum der gesprochenen Worte errichtet wurde.
Dies brachte mich auf die Idee, die von Richard Münch gesprochene „Grabinschrift“ einmal mehr zum Ausgangspunkt einer mehrkanaligen elektronischen Sprachkomposition werden zu lassen. Gleichzei-tig jedoch mußte ich mir die Frage stellen, weshalb sich bisher niemand an einer Neugestaltung des Materials versucht hatte. Möglicherweise aus Ehrfurcht vor einem der großartigsten Werke elektroa-kustischer Musik?
Größer als alle Bedenken war meinerseits die Neugier, welches klangliche Resultat sich einstellen würde, wenn man den Text in Sätze, Worte und Silben segmentierte und mit dem Ziel bearbeitete, rausch- und interferenzartige Klänge zu gewinnen, wie sie sich mit der Arbeit des „Funkoffiziers“ Ku-boyama assoziieren ließen. Auf diese Weise entstand [...] auch heute noch (1999), realisiert im Klang-studio der Universität zu Köln. Der Titel ist ein direktes Zitat aus dem Textmaterial und kann auf zwei-erlei Art verstanden werden: Zum einen deutet er an, daß die elektronische Transformation von Spra-che in Klang ihren kompositorischen Reiz bis heute nicht eingebüßt hat. Zum anderen soll bewußt gemacht werden, daß die atomare Bedrohung menschlichen Lebens immer noch besteht und auf-grund des Kräftemessens junger Atommächte leider wieder aktuell geworden ist.

Stimmabgabe 
Stimmabgabe (1999/2000) vereint Vokalkompositionen, zwischen denen eine Zeitspanne von bis zu 700 Jahren liegt. Auf digitaler Ebene wurden ausgesuchte Fragmente alter und neuer Vokalmusik akustisch legiert, indem harmonische, klangfarbliche und rhythmische Eigenschaften je zweier Ge-sänge zusammengeführt worden sind. Die so entstandenen ‚Paare’, mit Hoch- und Tiefpaßfiltern be-arbeitet, bilden in ihren Überlagerungen ein Klangkontinuum, welches sich in einem zehn Minuten währenden Prozeß auf- und abbaut. Die räumliche Disposition der Klänge entspricht dem Formverlauf insofern, als daß jedes Gesangspaar einem Paar von Lautsprechern zugeordnet ist, wobei sich bei der langsamen Bewegung zwischen jeweils zwei zusammengehörigen Lautsprechern klangliche Überlagerungen im Raum ergeben.